Nach meinem Eintrag in das Gästebuch am 18. Dezember, allen Freunden und Fans noch ein wunderschönes, besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest wünschend, bestieg ich sogleich mein Auto, das parat stand und mit allem Gutem und Nötigen bepackt war, oben auf meine Skier. Mich zog es wie jedes Jahr in die Tiroler Bergwelt. Meine lieben betagten Freunde warteten schon lange.
Die Weihnachtstage verbrachten wir mit allem Festlichen, mit Lichter und Glockengeläut, wie gewohnt im Tal. Am 30. 12. wollten wir zur Hütte aufsteigen. Aus lauter Freude übersah ich, was nun offensichtlich war, Trude war gesundheitlich sehr angeschlagen. Die Erkältung war es nicht alleine, die Jahre drückten den Stempel auf. Ich sah es ganz bewusst. Ein Aufstieg zur Hütte schien mir illusorisch zu sein. So blieb sie vorerst mit ihrem Mann zurück und beide warteten auf die Söhne, die auch noch nicht eingetroffen waren. So stieg ich allein auf, um die Vorbereitungen für unseren Jahres Abschluss vorzubereiten.
Ich kannte ja den Weg, den Steig über die Jahre hinweg. Die Schneeverhältnisse waren nicht so gut und üppig wie gewohnt. Trotzdem jubelte meine Seele, meine Berge, meine Wälder, alles was ich so liebte. Bald prasselte das Feuer im Kamin, herrlich, einfach herrlich. Ich war müde geworden. Ich versuchte noch einmal eine Verbindung zu Hans und Rudolf, den beiden Söhnen zu bekommen, es war nicht möglich. Außer dem Knistern der Holzscheite, die eine angenehme Wärme verbreiteten, war nur noch Stille.
Sylvester Morgen
Nach einem zünftigen Frühstück, und einer kleinen Schnuppen Tour auf meinen Läufern überdachte ich noch einmal den Ablauf des heutigen Abends, und das voller Freude und Erwartung, so nach Kinderart. Aber dann kam der Anruf von Hans. Unfall auf der Autobahn, treffen sicher mit Verspätung ein. Später erreichte mich noch eine Nachricht. Wanderer es zieht ein Wetter auf, sind auf der zwischen Station. Warten ab. Nimm Dir einen von den Roten, von den alten Jahrgängen. Weißt schon! Unterdessen wütete draußen ein zünftiger Schneesturm und rüttelte an den Fensterläden. Ich konnte mir vorstellen, Sicht gleich Null. So habe ich es erst gar nicht versucht hinaus zu schauen.
Der Zeiger der hölzernen Wanduhr rückte unaufhörlich weiter. Es ist kurz vor 23.00 Uhr. Ich lausche nach draußen. Hat der Sturm nachgelassen? Ich hoffte es so sehr. Doch einem Moment später heulte er verstärkt wieder um die Hütte und rüttelte an Allem was möglich war. Was für ein Silvester Abend, übergehend in die berühmte feierliche Sylvester Nacht mit Besinnlichkeit, Rückblicken, mit Freude, Tanz und gewisser Ausgelassenheit, vor allem mit lieben Freunden. Mir wurde endgültig klar, ich feiere diesmal alleine, in etwa „Dinner for one“ doch selbst da gab es einen Butler.
Ein flackerndes Kaminfeuer, ein besonderer Rotwein und Kerzenschein, dazu eine fast spürbare Stille die zum Nachdenken zwang, das ist der Moment meiner Umgebung. Dabei erinnerte ich mich an das Buch, das noch im Rucksack steckte, es ist eine wertvolle Lektüre für die, die manchmal innehalten und fragen. Es zeigt das Innenleben unserer heutigen Gesellschaft auf, die doch immer wieder sich fragt, welches Spiel kann ich noch mitmachen, ich möchte dies und das, möchte einfach dabei sein. Wie weit kann ich gehen ohne einen zu hohen Preis zu zahlen, ohne einen seelischen oder körperlichen Schaden zu nehmen? Ist unsere Widerstandskraft überhaupt einschätzbar? Ehrlich gesagt bei mir im Moment nicht.
„Verfluchte Versuchung“ das Erstlingswerk von meinem alten Freund Stan in der einen Hand, in der Anderen das Glas mit dem Wein, so erwartete ich den Jahreswechsel. Das Thema des Buches ist uralt und immer wieder neu, modern, dramatisch und fesselnd über die Jahrhunderte.
Es ist ein Spiegelbild aus der Tiefe der menschlichen Leidenschaften und „Er“ traute sich dieses Aufzuzeichnen.
Gleich ist es soweit. Schnell das Glas nochmal gefüllt, steht dort nicht jemand in der Ecke?
„Mit dem Gewissen ist es so wie mit dem Blinddarm, beide können entfernt werden, du stirbst nicht daran." Wo hatte ich das schon mal gehört? Gewissen ist doch göttlich. Jetzt war es soweit. Prost Wanderer, Stan und Freunde. Irgendwie muss noch jemand da sein, ich hatte so ein Gefühl. Die Kerzen waren am Erlöschen, eine hatte ich noch als Reserve eingesteckt. Sie leuchtete leider nicht die gesamte Hütte aus. Ich erinnere mich noch, ich legte den Roman zur Seite und versuchte mit aller Gewalt die Augen offen zu halten. Das Ergebnis zeigte jedoch, ich war eingeschlafen am Tisch und wurde geweckt von Hans und seinem Bruder, die die letzte Strecke zur Hütte nach Ende des Sturms geschafft hatten.
Der Roman von Stan Marlow „Verfluchte Versuchung“ ist geschrieben in Niveau voller Sprache und enthält viele Metapher. Im Moment ist es vergriffen. Ob es eine neue Auflage gibt? Ich würde es mir wünschen und es begrüßen.