Ihr letzter Flug mit der Condor

  • wird das werden, so sind ihre eigenen Gedanken, als ihr Sohn und Hausarzt sie über Folgendes informierte: Mutter ehe es Winter wird, musst du noch einmal richtig Sonne tanken deiner Gesundheit wegen. Wir nehmen Dich im Oktober, zu unserem Urlaub, zur Sonnen-Insel mit. Du musst im Winter, wie stets, in deinem geliebten Wohnbereich bleiben. 4400 km Flug sind es bis zum Urlaubsland. Es hat den Stier als Staatswappen und ist die Heimat der Toreros.- Richtig, es ist Spanien mit seinen dazu gehörenden Inseln. Also auf und die Koffer gepackt das Abenteuer winkt.


    Gran Canaria wurde von den Inseln ausgewählt, die Sonnige, die geborene aus Vulkangestein.


    Der Flug dorthin verlief ohne Zwischenfall. Die Maschine landete zeitgemäß. Bis dahin gab es für sie null Schwierigkeiten. Während die Familie sich um das Gepäck kümmerte, es waren so etliche Koffer und Taschen, bekam sie einen Platz für Behinderte zugewiesen und wurde betreut. Etwas später, mit einem speziell dafür bereit gestellten Bus erreichten sie müde die Ferienanlage Monte Anfi, gelegen am Ufer des Atlantik. Es gab viel zu bestaunen. Schon allein die Empfangshalle war beeindruckend. Sie durfte in einem der großen, gemütlichen Sessel Platz nehmen, bis alle Formalitäten erledigt waren. Ihr Sohn zeigte und überraschte sie mit ihrem Quartier, ihrem zu Hause für die Ferienzeit. Im fünften Stock durfte sie allein ein großartiges Appartement bewohnen mit einer einzig artigen großen überdachten Terrasse. Das war das Erste, was sie beeindruckte. Im ganzen Wohnbereich fehlte es an nichts. Die Küche mit den bekannten Dingen lockte zum Kochen und Backen.

    Hier muss sie eine große Pause machen. Bei all den Angeboten, den Möglichkeiten und sicher Einigem mehr, denn sie ist auf „Fresubin“, auf flüssige Kost eingestellt. Es gehört zu ihrer Behinderung dazu. Trotzdem ist das Leben schön.Sie musste nun Einiges lernen. Die Etagen, durch Fahrstühle verbunden, brachten sie am Anfang der Zeit in Bedrängnis, denn im sechsten sowie zehnten Stockwerk waren weitere Familien Mitglieder zu Hause. Eine Tasse Kaffee morgens, auf Einladung ihres Sohnes mit seinen Lieben, im „Zehnten“, nahm sie gerne an.


    Verliebt ist sie in ihre Terrasse. Sie ist ihr Aufenthaltsort zum Träumen, beobachten, ihre Sicherheit. Zwei Holzliegen, ein Tisch mit vier Stühlen und ein Wäschetrockner ist das Inventar, mehr braucht sie aber auch nicht. Ihr gemieteter Rollator steht in der Ecke. Eine Raumpflegerin ist für die Sauberkeit, den Wäschetausch und das Betten beziehen zuständig. Und nun, was soll sie tun? Ihr Sohn war gekommen und steht neben ihr. Schau Mutter, das ist Urlaub! Ruhe und Nichtstun waren in den folgenden Tagen angesagt. Sie begann ihren Tag mit dem Sonnenaufgang auf ihrer Liege. Sah dem Erwachen ihrer Umgebung zu. Das Lichtermeer ringsum und die Positionslampen im Atlantik erloschen. Die Gärtner kamen die wunderschönen Anlagen und die exotischen Pflanzen zu pflegen, sowie die Wege etc. Die Möwen und die großen ihr fremden Seevögel flogen vorüber. Sicher haben auch sie ihren Platz, ihr Ziel, denn am Abend, zu einer bestimmten Zeit, kamen sie aus derselben Richtung zurück und suchten bewusst oder instinktiv ihr Nachtlager auf.

    Die Sonne ging schlafen. Sie beobachtete ihren Untergang. Es wurde Still. Die kleinen Boote waren schon längst in den Hafen zurückgekehrt. Die Beleuchtungen ringsum und die Leuchtsignale auf dem Atlantik erwachten. Ansonsten ist nur noch Ruhe und Stille. Noch konnte sie den Wellen des Meeres zusehen bis die Schwärze der Nacht alles verschlang.


    Nur Zweimal war sie unterwegs mit ihrer Familie, mit Auto und Rollator. Beide Ausflüge waren für sie wunderschön und bleiben unvergessen. Ihr Sohn zeigte ihr an einem Nachmittag die Anlage mit den exotischen Pflanzen und den einmaligen versteckten Plätzen. Romantik pur. Bänke zum Ausruhen standen an grünen mit Blumen durchwachsenen hohen Hecken. Sie erinnerten an Trennwände. - Sie war trotz Begeisterung unsagbar müde. Das für sie altbekannte Übel trat wieder auf. Sie konnte ihre Beine kaum noch setzen und laufen. Ihr Sohn bemerkte es. Ach komm Mutter nimm Platz auf den Rollator, und mit erheiterten Worten rannte er los bis kurz vor der Eingangshalle, die hell erleuchtet und wie immer von ein und ausgehenden Gästen und einigen Autos eine gewisse Kulisse bildeten. Denn, auf der Straße waren zur Sicherheit für die Fahrzeuge kleine Stopper aus Stein eingebaut, eine kleine Schräge. Ihr Sohn konnte diese nicht sehen da sie ja vor ihm saß, er stolperte, der Rollator kippte, Mutter lag auf der Straße, der Sohn über ihr, der Rollator bildete den Abschluss. Das war vielleicht eine Nummer! Später sagte er, weißt du Mutter, ich habe dich sanft auf die Straße gleiten lassen. Der Rollator war nicht Luft bereift. Vor ihr liegt das „Discover Nature – Poeme del Mar“ Aquarium in Las Palmas de Gran Canaria. Es wurde im Jahre 1994 gegründet mit dem Ziel, die Natur und Artenvielfalt mit Projekten zur Arterhaltung, Forschung und Bildung zu schützen. In der zweiten Woche bekam sie die Einladung nach Las Palmas. Ein Auto hatte ihr Sohn gemietet, der Rollator wurde eingepackt und sie dazu auf dem Beifahrer Sitz gesetzt. Das Ziel war das Aquarium. Stunden kann man sich dort aufhalten, so ist ihre Meinung. Sitzgelegenheiten befinden sich überall. Vor den riesig großen und auch kleinen Behältnissen aus einem besonderen Glas gefertigt, sind diese mit Fischen aller Art besetzt bis hoch zum Hai. Genauso zu bewundern und zu beobachten sind in den kleinen Kästen zum Beispiel die Seepferdchen, besondere Würmer und anderes kleines Getier. Es war für sie einfach einmalig.


    Dazwischen stehen sehr dekorative die exotischen Pflanzen, die das meisterliche Bild abrunden. Es ist an Alles gedacht. Ein Café sowie ein Restaurant für warme Kost auf Bestellung zubereitet, gehört dazu und ist empfehlenswert.


    Herzlichen Dank mein lieber Sohn für dieses einmalige, unvergessliche Geschenk!


    Noch einmal hält sie müde ihren - Boarding Pass – in den Händen. Eine wunderschöne Erinnerung an eine Reise und das fast neunzig jährig.

    Das Leben ist und bleibt ein Abenteuer und das bis zum letzten Atemzug!

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