Gedankenlabyrinth
Sandkorn
Sterne, so zahlreich wie Sandkörner am Strand,
sie glänzen, sind einsam – will warten,
bis ich zu den Sternen gehe und singen kann: ich glänze.
Will warten, bis mein Stern die Sonne verdeckt,
es Nacht wird und ich eintauche in den Wüstensand.
Wind reißt in den Körper des brennenden Sandes,
er wirbelt, peitscht mich ruhelos, bis ich,
indem ich übe meine Lüge zu lieben,
meine eigene Lüge nicht mehr sehe
und ich Frieden finde.
Virus
Der Tag beginnt im Alltagstrott, positive Gedanken – Routine treibt sie fort.
Blicke, Worte, sie wirken so leer, als gäbe es kein Verstehen mehr.
Wo ist das Glück, wo ist die Freud?
Verwelkt, verbannt oder längst Vergangenheit?
Hast geträumt, geliebt und gelacht –
Was ist es nur, was sie zunichte macht?
Ist es Bestimmung, die Evolution, die uns langsam presst,
ohne Revolution in ein graues Kleid – so gehen wir dahin, gewollt, gelenkt,
von vielen befolgt, wenigen zur Freud.
Vollendet
Grünes Licht erhellt schwach das Zimmer, nicht lebt hier, alles steril
die Seele will gehen, den sterbenden Körper verlassen,
doch er ist verkabelt, verknotet mit Geräten
die das Leben halten, bitte, schaltet sie ab, lasst mich
euch nicht hassen.
Habe Angst, bin allein, höre Musik der Apparate,
die mir aufspielen zur letzten Kantate,
es ist ein Pfeifen, ein Piepen, ein röchelnd gespenstiges Geräusch,
wenn Sauerstoff fest, in meine Lungen gepresst.
Die Seele leidet, sie kann nicht entfliehn, sie sitzt fest.
Auf einmal besinnt sie sich ihrer Kraft
verdichtet ihre Energie, ihr Ruf ist so laut wie,
sie bittet, sie bettelt und schreit, sie lockt
komm, Engel der Wandlung,
hol mich hier fort.
Sieh, weit steht das Fenster offen,
hab dir Zucker aufs Fensterbrett gestreut,
komm, setz dich zu mir, habe mich auf dich gefreut.
Spann deine weiten Flügel aus,
leg sie auf meine Fieberaugen,
press deinen feucht kalten Hände
auf meine heiße Stirn, und lass mich hoffen
Komm, jetzt wäre es gerade günstig,
die anderen im Zimmer schlafen fest,
aber ganz leise sein,
dann hört uns die Schwester nicht,
bitte hol mich weg von da – nimm mich mit!
Endlich! Hab dich gar nicht kommen gehört.
Wie lautlos du fliegst Mein Gott, wie schön du bist.
Auf geht’s, lass uns gehen!
Warte, nur noch einen Augenblick
für einen Gedanken an die Lieben daheim –
bitte, bitte nicht traurig sein vergesst mich nicht,
werd immer bei Euch sein!
Des Engels Hand durchtrennt das Band,
das die Seele mit dem Körper verband.
Dankbar blicke ich ihn an, ein letzter Schnaufer,
dann endet der Geräte Melodie –
Flieg mit ihm davon fühl mich leicht und glücklich,
wie noch nie!