In den kanonischen Texten werden die Nephilim nicht mehr erwähnt. Doch ist ihre Geschichte in den Apokryphen zu lesen und dargestellt:
1. Buch Henoch
Jubiläenbuch
Gigantenbuch.
In diesen Schriften werden die Göttersöhne meist als Egregoroi (griech. „Wächter“) bezeichnet. Der Inhalt lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen:
- Die Göttersöhne/Wächter steigen hinab in die Welt der Menschen.
- Es sind 200 Wächter, ihre Anführer sind deren 20.
- Shemichaza ist der Oberste.
- Andere Anführer sind Baraq’el und Azazel.
- Angetan von der Schönheit der Menschenfrauen paaren sie sich mit ihnen.
- Sie lehren die Menschenkinder verbotene Dinge und Himmelgeheimnisse.
- Die aus der Gemeinschaft mit Menschenfrauen gezeugten Kinder sind die Riesen, die Nephelim.
- Die Nephelim sind riesig, fressen alles, Vieh und Mensch,
- Shemichaza hat zwei Söhne, Ohajah und Hawajah.
- Ohajah und Hawajah träumen:
- Ein Traum:eine riesige Steintafel. Alles wird ausgelöscht, bis auf 4 Zeilen. Die eine Version: Die Tafel versinkt im Wasser. Die andere Version: Ein Engel kommt und löscht die Zeilen der Tafel, bis auf 4 Zeilen, Worte oder auch Namen.
- Der andere Traum: Ein paradiesischer Garten mit zahlreichen Bäumen. Ein Engel kommt und fällt alle Bäume bis auf einen mit 3 Zweigen.
- Die Träumer können die Träume nicht deuten. Ein Bote wird ausgesandt zu Henoch, dem Schreiber. Der Bote ist Mahawaj, Sohn des Wächters Baraq’el. Der macht eine weite Reise, denn Henoch ist nicht mehr in der Welt.
- Henoch deutet die Träume: AlleNephelim werden vernichtet werden, die Wächter werden den Untergang ihrer Kinder sehen. Die 4 übriggebliebenen Worte bzw. der Baum mit den 3 Zweigen steht für Noach und seine drei Söhne.
- Letzten Endes werden die Wächter gebunden bis zum Ende der Welt und ihre Nachkommen werden in der Sintflut vernichtet.
Nephilim in der Populärkultur
In einigen präastronautischen Theorien sind Nephilim außerirdische, hochzivilisierte Wesen, die vor mehreren Jahrtausenden die Erde besuchten, sich mit den Menschen verbanden und Kinder zeugten. In diesem Kontext wird die Namensbedeutung „Fallen“ als „vom Himmel gefallen“ bzw. „abgestürzt“ interpretiert. Erfunden wurde diese Interpretation von Zecharia Sitchin, der behauptete, dass die Nephelim und die Söhne Gottes dieselben seien, was im Widerspruch zur biblischen Überlieferung steht. In Gen. 6.1 sind die Nephelim nicht die Wesen, die vom Himmel kommen und Kinder zeugten, sondern die Kinder, die aus solchen Verbindungen entstanden. Das Wort nephelim wurde von Sitchin zusätzlich dahingehend neu gedeutet[3]. Er behauptete, dass das Wort nephil („Riesen“) nicht der Stamm von Nephelim sei, sondern das Wort naphal („fallen“). Würde man aber aus naphal ein Substantiv machen, also die Gefallenen würde es naphulim heißen, ein Wort, das in keinem Wörterbuch vorkommt[4]. Später wurde diese Interpretation auch von anderen Autoren wie Erich von Däniken, Jan van Helsing oder David Icke aufgegriffen.
In der Fantasy– und Mystery-Literatur werden sie sehr unterschiedlich rezipiert. So treten sie beispielsweise in Cassandra Clares Chroniken der Unterwelt oder in Danielle Trussonis Angelus als Mischwesen zwischen Menschen und Engeln auf, in Andreas Brandhorsts Äon als Dämonen und in Danielle Trussonis Angelus werden sie als gefallene Engel dargestellt. Ihre Rolle folgt dabei keinem Schema, sie können sowohl auf der Seite der „Guten“ wie der „Bösen“ stehen. In filmischen Umsetzungen erscheinen sie meist als Mischwesen, etwa in der Filmreihe Gefallene Engel, dem Film God‚s Army 3 oder der Serie Akte X (5×17 Alle Seelen).
In Spielen wird mit den Vorlagen nochmals freier umgegangen, wobei hier die präastronautischen Nephilim mitverarbeitet werden. Im Pen-&-Paper-Rollenspiel Nephilim von Feder & Schwert gelten sie als Stifter der irdischen Kultur, deren Seelen es zu retten gilt, im Computerspiel Wing Commander: Prophecy erscheinen sie als insektoide Außerirdische. In dem Computerspiel Darksiders werden die vier Apokalyptischen Reiter als Nephilim bezeichnet, ein Volk, das weder Dämon noch Engel ist. Nephilim können aber auch, wie in den Computerspielen Lara Croft: Tomb Raider – The Angel of Darkness oder Lineage II, eigens erschaffen werden oder wie im Sammelkartenspiel Magic: The Gathering schlicht für überdurchschnittliche Stärke stehen.
In der Musik wird gelegentlich auf die Nephilim Bezug genommen, hauptsächlich von Gothic-Rock-, Black-Metal– oder Death-Metal-Bands. So benannte sich die Band Fields Of The Nephilim nach ihnen und es wurden eine Reihe von Liedern mit Bezug auf die Nephilim von Bands wie Behemoth, Melechesh, Pantokrator oder Katatonia aufgenommen. Aber auch Bands anderer Genres nehmen auf sie Bezug, wie etwa Abingdon Boys School oder AFI.
Literatur
- P.W. Coxon:Art. Nephilim. In: K. van der Toorn; B. Becking; Pieter W. van der Horst (Hg.): Dictionary of Deities and Demons in the Bible. Leiden, Boston, Köln, 21999, 618-620.
- JohannHeinrichKurtz:Die Ehen der Söhne Gottes mit den Töchtern der Menschen. Eine theologische Untersuchung zur exegetischen dogmatischen und praktischen Würdigung des biblischen Berichtes Gen. 6,1-4. Berlin, 1857 (Google Books)