Die vierzigjährige Juristin Norah besucht, einem ausdrücklichen Wunsch folgend, ihren Vater in Dakar. Dieser Mann konnte „jede von ihm ausgehende Bitte in ein an ihn gerichtetes Gesuch verwandeln“. Sie erkennt im Laufe der folgenden Tage, das, es weder „Sinn noch Nutzen hat, einen Mann zum Vater zu haben, mit dem man sich buchstäblich nicht verständigen kann“. Dennoch ist sie gekommen als er sie gerufen hat. Ihr Bruder Sony, der am teuersten dafür bezahlt hat, als Kind eines Vaters geboren zu sein der weder Mitleid noch Reue kannte, hatte nach einer Affäre mit seiner gleichaltrigen Schwiegermutter diese angeblich erwürgt und war dafür ins Gefängnis gekommen…
Im Gegensatz zu Norah hat Fanta mit ihrem Mann Rudy, den sie in Afrika kennengelernt hat, Dakar verlassen. Rudy Descas, ehemaliger Französischlehrer am Lycée Mermoz und Spezialist für mittelalterliche Literatur hatte nach einem Konflikt mit drei Schülern, bei dem die Worte „Verfluchte Nigger“ gefallen sind, Ansehen, Würde und Stellung verloren. Vier Jahre lang hatte er die Grausamkeit dieser drei Jungen demütig ertragen. Nachdem sein Vater schon wegen eines Mordfalls angeklagt worden war muss er „Sohn eines Mörders“ nun nach Frankreich zurückkehren. Wusste nun alle Welt über seine Schmach Bescheid? Seine afrikanische Frau Fanta, eine angesehene Lehrerin, hat er im Gepäck…
Von Afrika aus betrachtet erscheint das Leben im fernen Frankreich luxuriös und wünschenswert. Khady fand die drei Jahre ihrer Ehe weder friedlich noch glücklich, weil sie nicht schwanger wurde. Sie empfand sich als junge Afrikanerin einzigartig und als ihr Man plötzlich starb, dachte sie an ihre Cousine Fanta, die eine Weißen geheiratet hatte und jetzt in Frankreich lebte. Dort arbeitete sie als Lehrerin und hatte bestimmt ein gutes Gehalt. So sah sie eine Chance ihr Leben zu verändern, als ihre Schwiegereltern sie eines Tages mit Geld ausstatteten und damit ihr die Möglichkeit eröffneten, nach Frankreich auszuwandern. Doch sie landet bei Schleppern, die mit kleinen überfüllten Booten kommen und die „Flüchtigen“ gegen unverschämte Bezahlung an die Grenze bringen.
Über die Autorin:
Marie NDiaye, geboren 1967 in Naissance à Pithiviers/Loiret; nach dem Abitur Veröffentlichung des ersten Romans. Sie schrieb weitere Romane und erhielt zahlreiche literarischen Auszeichnungen. Die deutschsprachige Erstaufführung: ihres ersten Theaterstückes wurde im Januar 2003 im Theater Drachengasse in Wien aufgeführt.
Rezensionen:
„Die Geschichten leben von ihren starken Protagonistinnen, noch mehr allerdings davon, dass das Unheimliche in den Text einsickert wie Feuchtigkeit in ein Stück Stoff. NDiayes Sprache ist leicht und elegant, man kann sich verlieben in die Schönheit ihrer Sätze, doch darunter lauert die Finsternis. Ihre Romane, vor allem Drei starke Frauen haben Kritiker an den Nobelpreisträger William Faulkner erinnert. Sie wurde auch mit dem Regisseur David Lynch verglichen (…)“ (Der Spiegel).
und
In ihrem neuesten Werk werden drei Geschichten auf eine besonderer Art miteinander verwoben. Drei Frauen – jede von ihnen besticht durch einen eigenen Charakter und Stärke. Jede Geschichte endet mit einer „Gegensätzlichkeit“, die eine völlig eigenständige Stimme in diesem „Klanggebilde“ haben und die durch alle drei Geschichten, nicht aufdringlich, doch beständig wahrzunehmen ist.
Die Problemlösungen und die Verteidigung ihrer Würde, werden interessant dargestellt. Wiedereinmal zeigt sich, dass in der Frau Kräfte verborgen sind, die, wenn sie erst einmal aktiviert werden, diese über den normalen Menschen hinaus heben können. Ermüdend ist die Langatmigkeit, wie manche Situationen dargestellt und beschrieben werden…
Stan Marlow