„Eine Buchlesung bei meinem venezianischen Freund Pier Giorgio Furla war immer etwas Besonderes. Wenn man „sein Rittergut“ betritt, meine ich immer etwas zu spüren, etwas, das mich berührt – eine mir nicht erklärbare gute Aura. Das ganze Jahr hindurch gibt es das Projekt: „über Grenzen“. Ob es die staatlichen oder die inneren Grenzen sind, die es gilt kennenzulernen, zu überwinden oder auch nur sich mit „ihnen“ anzufreunden – ein wundervolles Projekt. Pier hat mich eingeladen, an diesem Projekt in Form einer Lesung daran teilzunehmen. Ich habe mir überlegt, wie ich diese anspruchsvolle Aufgabe meistern könne, ohne in eine Art Reisebericht zu verfallen. Ich glaube, ich habe sie gefunden, die Lösung. Zusammen werden wir Geschehen „erleben“ und auch fühlen, von denen nur sehr wenig bekannt ist.“
So stand es in meinem spärlich gefüllten Terminkalender. Ich will Euch erzählen, wie es war, war ich erlebte.
Sonne pur, blauer Himmel ein wahrlich königlich Sonntagswetter – ein gutes Omen für die Veranstaltung. So fuhr ich in Gedanken dem Rittergut Ehrenberg entgegen. Ich freute mich Georgio wiederzusehen und auch mit den „guten Geistern und Bediensteten“ ein paar schöne Momente zu erleben.
Herzlich war der Empfang. Ich schaute mich in dem „Lesesaal“ um. Nichts hatte sich verändert: Das verstaubte grüne Sofa, auf dem ich damals schon saß, stand unter dem gleichen Bild mit der alten Frau, deren Blick mir immer unter die Haut ging. Die dunkelgebeizten Holzbalken, die quer durch den ganzen Saal gingen, drückten dem Raum den Stempel einer längst vergessenen auch etwas düsteren Ära auf. Im Gepäck hatte ich ein paar Bücher, Skripte und einen Single Malt mit einem schönen Whiskyglas. Als die schweren Zeiger der Uhr den Beginn meiner auch sehr emotional geladen Session anzeigten, schlug ich mein Skript auf und … die Buchstaben wollten sich nicht zu Worten formen. Schleppend (meine Sichtweise) kam der Fluss der Worte so langsam in Gang. Nach der ersten Geschichte, so dachte ich mir, lese ich unveröffentlichte Lyrik: Die 7. Tür. Und bevor ich die Zuhörer mit in die irreale, fesselnde und emotionsgeladene Geschichte mitnahm, schenkte ich mir einen Single Malt ein und genoss das flüssige Gold des schottischen Hochlands. Kaum waren die ersten Tropfen geflossen, „explodierten“ meine Sinne, die Zunge kam in Schwung und meine Lippen formten die Worte. Emotionen flossen und spätestens bei der Kurzgeschichte: „Lasst und eine Buchmesse für unbekannte Autoren gründen“ kroch Gänsehaut den Zuhörern den Rücken hinauf (das haben sie mir natürlich nach der Lesung gesagt) und ich selbst hatte Mühe, die Geschichte bis zum Ende zu lesen. Wie aus einem „Traum“ erwachte ich und nahm die Umgebung wieder war – ich war zurück. Ich war wohl selbst mit dort, eben in dieser von mir geschaffenen „Welt“.
Es gab keine Fragen. Das Publikum schwieg. Sanft blies ich die Kerze aus, die brennend auf dem kleinen Tisch stand, auf dem die Skripte lagen. Sie war beendet, die Lesung. Über 60zig Minuten „stahlen“ sich aus Leben, so schnell, so still, so mystisch. Die Emotionen, die das eben gehörte und erlebte widerspiegelten, waren noch in manchen Augen zu sehen. Langsam leerte sich der Saal – nur mein Kopf war voll, voller Gedanken und Gefühlen.. So stand ich allein in dem großen Saal , fühlte noch nach spürte die Emotionen, die ich zurücklassen muss, die in diesen Mauern ihren Platz finden werden.
Doch irgendetwas störte. Was ist es nur, was Disharmonien streut. Ich kam nicht drauf. Ich sah ich mich noch einmal um und verließ den schönen alten Ort und die wunderbaren Menschen.
An diesem in der Erinnerung so lebendigen und unvergesslichen Nachmittag entführte der Schriftsteller
uns – seine faszinierten Zuhörer – aus der Wirklichkeit und im wahrsten Sinne „über Grenzen“ , wozu auch
Atmosphäre und Ausstrahlung vom Rittergut Ehrenberg beitrugen!