Frau Viertel tat alles, damit es ein Erfolg wird. Viele Ihrer Kunden wurden persönlich eingeladen, Lehrer der umliegenden Schulen wurden angesprochen, Zeitungen wurden informiert usw. Bald merkte ich, dass die Spannung, das „Fieber“, welches mich schon lange „erobert“ hatte, auch Frau Viertel ergriffen hatte. Es war für sie ungewöhnlich, vor- und während der Lesung zur „Untätigkeit“ verdammt zu sein. Eine wunderbare, spanungsgeladene Atmosphäre war zu spüren, als ich am 20. April mit meinen Utensilien eintraf. Den fleißigen Helfer, denen ein besonderer Dank gebührt, waren dabei den Raum vorzubereiten. Bald war alles fertig: Der Raum war abgedunkelt, Kerzen tauchten den sonst so hellen Ort in ein diffuses Licht. Leise zarte, fast zerbrechliche 12 Glockenschläge ließen die 27 Gäste aufmerksam werden und dann, dann hatte er seinen Auftritt – der Teufel eröffnete den Reigen. Souverän zog „er“, in Gestalt der Maria Uhlig, alle in seinem Bann. Inmitten der Zuhörer stand sie nun und alle Augen waren auf sie gerichtet. Nur ihre Worte hallten durch den Raum und „führten“ die Zuhörer an den Ort, an dem Alles beginnen sollte: zur Fontana di Trevi – von der gesagt wird, dass ein Geheimnis, eine Sage sie umgibt. Ich spürte das Adrenalin, das in der Luft lag.
Es begann also – mit meinen Worten malte ich Bilder, die in den Verstand von denen, die da gekommen waren, eindrangen. Mit selbst kreierten Geräuschen und komponierten Musikfetzen wurden die Bilder noch farbiger, noch lebendiger. Nach jedem Abschnitt, den ich las, kam der Teufel und führte die Zuhörer weiter und tiefer ins Geschehen, bereitete sie vor auf…. apokalyptisches? Immer enger wurden seine „Kreise“ die er auch um mich zog. Spannung pur – „er“ hatte mich fest im Griff.
Zum Schluss nahm der Teufel den Schädel, fühlte noch einmal die Atmosphäre, sah mir in die Augen und ging inmitten der Zuhörer. Leise beschwörend, doch für alle vernehmlich sang „er“ ein Lied:
Hör‘ auf mich, glaubet mir.
Augen zu, vertrauet mir!
Schlafet sanft, süß und fein. Will Euer Schutzengel sein!
Sinkt‘ nur in tiefen Schlummer, schwebe dahin im Traum,
langsam umgibt Euch das Vergessen, doch das spürst Ihr kaum!
Hört auf mich, und glaubet mir. Augen zu…
dann gehören Eure Seelen mir.
Stille… dann tauchte sie ab uns Dunkle – ich blies die Flamme meiner Kerze aus – das einzige Licht – Stille … Doch dann – 27 Herzen schlugen in diesem Moment für uns, für den Teufel und mich. Dieser Moment – er ist es, nachdem sich jeder Künstler sehnt, lechzt und in dem er „baden“ möchte.
Es war noch lange nicht vorbei. Ein Bad der Gefühle versprach ich und ich tauchte mit ihnen tief in eine Welt ein, die nur von Hören und Sagen bekannt, verdrängt wurde oder tabu war. Emotionen flossen, Gedanken tobten – es war, als sitze ich inmitten der Energien und erlebte, was andere dachten und fühlten. Es waren Worte, eingefasst in Lyrik, die ich „schmiedetet“, nachdem ich in die Herzen und Seelen anderer Menschen schauen durfte. Eine Rose begleitet mich immer auf Veranstaltungen dieser Art – Sie ist ein Symbol, ein Zeichen für so vieles: Hoffnung, Liebe, Frieden… sie verschenke zum Dank an einen Zuhörer, symbolisch für jeden, der an diesem Abend da war. Nun, nach etlichen Minuten der Stille – das Auftauchen aus den doch so verschiedenen Welten musste erst erlebt und gefühlt werden – bekam ich von dem einen zögerlich, dem anderen begeistert meinen Lohn. Frau Viertel, sichtlich erleichtert und auch begeistert von diesem Event, übernahm und es gab viele Fragen, die ich gerne beantwortete. Für die Zeit hatte ich jegliches Gefühl verloren. Irgendwann ging auch der letzte Gast.
Unser beider Dank an Euch, die Ihr da gewesen seid. Es war ein wundervoller Abend.