Eine Buchtaufe ist was „Besonderes “ – gerade im Leben eines einfachen Menschen, der sein erstes Buch veröffentlicht. Ein „No-Name“, ein Mann ohne Namen. Hier will ich Euch davon erzählen:
Ich könnte anfangen mit: …es war einmal – aber da würde ich ein anderes Kapitel berühren – ich will Euch von dem Weg erzählen, den sein Roman von ersten „Federstrich bis zum Druck nahm. So werde ich Euch berichten von der Vorbereitung, den Gefühlen, die in ihm tobten, ihr werdet Zeitungsausschnitte und Fotos sehen…
Das Werk war vollendet – als fertiges Buch im Paperback hielt ich es in der Hand. Was ich da fühlte war: ich habe es allen gezeigt – ein Glücksgefühl tobte durch seinen Körper – endlich konnte die Spannung nachlassen, die bangen Fragen: wann endlich ist es so weit – die Ungeduld hatte ein Ende und ich konnte meinen „Feldzug“ gegen das beginnen, das sich in unsere Köpfe und Herzen, von unseren obersten Politiker proklamierte, festsetzte, nämlich die Aussage: „… es gilt nicht mehr die Primärtugenden zu fördern, sondern es sind die Sekundärtugenden, die unserer Aufmerksamkeit bedarf“ (Erklärung:Platon bezeichnete als die 4 Haupttugenden: Klugheit/Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung – Paulus der Apostel fügte 3 weitere Theologische in Ergänzug dazu: Glaube, Hoffnung, Liebe.)
(Darstellung der Kardinaltugenden am Papstgrab des Papstes Clemens II. im Bamberger Dom)
Paulus ergänzte die 4 Tugenden durch 3 weitere Theologische:
Zusammen ergibt das die Siebenzahl, sie wurden auch den sieben Todsünden (Hauptlaster) gegenübergestellt.
Nun fragte er sich, wie könnte ich es erreichen, dass andere Menschen auf das Buch aufmerksam werden? Er fragte bei seinem Verlag nach mit dem Ergebnis: „Ein großes Schulterzucken hub an“ keine Hilfe, kein Ratschlag… seine Fantasie war gefragt. Er dachte sich, wenn etwas „geboren“ wird, wird es getauft. So wurde der Gedanke an die Buchtaufe geboren.
In der Einsamkeit der Sächsischen Wälder begab er sich auf die Suche und ich wurde fündig. Hier möchte ich einen Namen erwähnen, der es verdient als Freund genannt zu werden. Und glaubt mir, bevor über seine Lippen das Wort „Freund“ kriecht, muss viel passieren.
Dr. Axel Turra – der einzige, der ohne eine Gegenleistung zu erwarten mit seinen Ideen, Tipps und Vorschlägen zur Seite stand. Der Weg führte ihn zum „Kamenzer Klub“, in den Zeiten der DDR nannte er sich „Klub der Intelligenz„. Dort traf er auf Karl Pfennig. Ein Mann von Ausstrahlung, Wissen und er war der Vorsitzende dieses Vereins. Mit Herzklopfen ging er damals zu ihm. Er wohnte mit in Kamenz. Freundlich, fast als kannten sie sich eine ewige Zeit, nahm er ihn, seine Ideen und sein Werk auf. Zeit spielte keinen Rolle – in ihm war alles gespannt – mit jede Faser seiner Nerven fieberte er, mit jedem Sinn nahm er die Energie seiner Ausstrahlung wahr.
Als sie sich verabschiedeten machte Karl Pfennig den Vorschlag, dass er die Buchtaufe im Geburtshaus von Lessing durchführen sollte. Ihr wisst ja, dass Kamenz als die „Lessingstadt“ bekannt ist. Was mir da angeboten wurde, wurde ihm erst später bewusst. Es war ein Ehre für ihn – so begann er die Vorbereitungen.
Sein Verlag wollte ihn nicht unterstützen – die Verlegerin oder ein Vertreter wollte ihn nicht unterstützen, kein Geld, keine Ideen oder Vorschläge – also allein gelassen vom Verlag.
Wie gestaltet man eine Buchlesung? Wie organisiert man das? Was liest man für Stücke – er hatte noch nie gelesen! Woher kommen die Besucher? Wie macht man Werbung? Unter ihm tat sich ein Boden auf, in dem er fast „versank“ Er erzählte alles Axel Turra: wie selbstverständlich sagte er, dass er lesen würde, dass er sich nur nebendrann zu setzen, zuhören und zu lernen bräuchte. Und dann war es so weit. Am 5. Dezember 2001 wurde der Termin gesetzt.
Die „Kamenzer Zeitung“ unterstützte ihn mit Interviews und mit Berichten, die Ihr hier anschließend lesen könnt, er besorgte glutrote langstieligen Rosen zur Begrüßung für die Zuhörerinnen, ein Bild vom dem Brunnen, an dem alles begann, wurde an die Wand geworfen. Als die Überraschung sagte ihm Dr. Ernst Peper seine Unterstützung zu. Auf seinem elektronischen Klavier wollte er die Lesestücke mit leichten italienischen Weisen verbinden – alles schien perfekt. Einladungskarten wurden von Stan entworfen und verschickt. Konnte da noch etwas „schief“ gehen?
Ich sage Euch, das Geburtshaus füllte sich zusehens. Bald war kein Platz mehr frei. Zuhörer setzten sich auf die Stufen einer Wendeltreppe. In den Gesichtern der Zuhörer las man eine gewisse Spannung, aber auch, dass sie etwas Besonderes erwarten, ab. Die Frauen wurden mit Rosen vom Autor selbst gegrüßt. Hier war hier eine Atmosphäre geschaffen worden, die spannungsgeladen war. Leise verhaltene Stimmen verrieten, dass man hier auf etwas ganz Besonderes wartete. Dann begann das Spektakel…
Doch lassen wir Stan erzählen: Wie eine Overtüre, so dachte ich, als Ernst Papers Finger die leichten italienischen Weisen aus dem Piano zauberten. Diese wunderbare Musik ließ jeden verstummen. Alle Augen sahen auf mich mich, nicht auf Dr. Turra, der neben mir saß und begann, in meinem Buch zu blättern. Es war, als wäre ich in einer anderen „Welt“ als er begann aus meinem, ja aus meinem Roman vorzulesen. Blieb die Zeit stehen? Ich kann es Euch nicht sagen. Während Axel Dr. Turra las, sah ich in viele Augen. Sah in ihnen die Erwartung, die Begeisterung, sah die Neugierde, Fragen… Irgendwann hörte ich wieder Musik, wusste, dass Dr. Peper die Zuhörer verzauberte. Ich nahm das alles wirklich nicht bewusst wahr, oder doch? Zu viele Gefühle tobten in mir: Stolz auf mein Erstlingswerk, Stolz auf meine Freunde, die mir wie selbstverständlich mit ihren Können halfen, diesen Abend perfekt zu gestalten, war begeistert, wie viele Menschen es miterleben wollten, war froh, dass ich meine Ängste überwunden habe. Und glaubt mir, davon gab es eine Menge.
Nach etwa einer Stunde war alles vorbei. Die Stimme von Axel erstarb und die Musik begleitete dei Zuhörer ein letztes Mal in ihrer leichten Weise. Dann war es still. Sekunden… waren es oder Minuten? Dann klatschten die ersten Hände und kurz darauf war der Raum erfüllt von Beifall. Augen schauten freundlich wissend aus dem Publikum, auf vielen Gesichtern sah ich ein Lächeln… was in diesen Sekunden in mir vor ging – ich kann es nicht beschreiben, konnte es damals nicht einordnen und selbst heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich die Gefühle, die tief in mir ruhen, erwecke.
Es war ein „Bad der Gefühle“ ein Besonderes, Unvergessliches!
Wie lange der Beifall gedauert hatte, ich kann es nicht sagen. Irgendwann erhob sich Karl Pfennig, gratulierte mir und ehrte mich mit einer Büste von Lessing.
Dr. Axel Turra übernahm für mich zum Anfang das „Reden“. Nicht das ich an einem plötzlichen Stimmbandversagen litt – ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte. Kurze Zeit später aber stellte ich mich den vielen Fragen, die aus dem Publikum kamen. Noch über eine Stunde diskutierten wir, beantwortete ich die Fragen, scherzte und lachte mit ihnen. Dann kamen sie zu mir, kauften meinen Roman, den ich signierte. Manche wollten noch eine Widmung. Was soll ich da blos schreiben? Laßt Euch gesagt sein, ich machte es mir nicht leicht. Irgendwie meisterete ich auch das.
Dann ging alles schnell. Das Geburtsthaus leerte sich zusehens. War es doch ein Tag vor Nikolaus und der Schnee lag auf den Straßen. Bald waren alles gegangen. Auch Dr. Axel Turra und Dr. Peper hatten sich verabschiedet. Alles im Auto verstaut. Dann saß ich auf der Streppe, die zum Lessinghaus ging. Allein mit meinen Gefühlen, mit meinen Emotionen – niemand da, mit dem ich reden konnte… So kaufte ich mir in einer Tankstelle eine Flasche Champagner, setzte mich wieder auf die Treppe, schenkte das Glas ein und trank – auf wen? Auf meinen Roman? Das eben Erlebte? Meine Freunde? Ich weiß es nicht. Noch lange saß ich da, sah den Schneeflocken zu und schickte meine Gedanken hinaus in die eiskalte Nacht…
So saß er noch eine ganze Weile. Die Kälte spürte er kaum. Er trank den Champagner, spürte, wie die Schneeglocken auf seinem Gesicht schmolzen. Er war allein – Kamenz schlief.
An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass, obwohl er alle seine Arbeitskollegen einlud, nur zwei gekommen waren. Dr. Rainer Kowoll und Dr. Joscht – zwei Namen, zwei Freunde – In Memoriam – in Stille – für Rainer!
Hier möchte ich Euch diejenigen vorstellen, ohne deren Mithilfe ich es nie geschafft hätte, diese Veranstaltung durchzuführen:
- Dr. Axel Turra (Leser)
- Medizinaldirektor Dr. Ernst Peper (Pianist)
- Hans-Karl Pfenning (Vorsitzender des Kamenzer Club)
- Ute Steckel- Organisation (Stadtbibliothekarin und Stadtarchivarin der Stadt Königsbrück)
- Matthias Schnauder (Graphiker und Designer)