Vier Brüder begeben sich auf die Suche nach der Geschichte ihres gemeinsamen Vaters. Gabriel hat in vier verschiedenen Ländern eine Frau und mit jeder Frau ein Kind. Als Gabriel verschwindet, finden sich die nunmehr erwachsenen Brüder und begeben sich auf die Suche nach Gabriel und auf die Suche seiner Geschichte. Sie versuchen zu verstehen, wie es zu seinem abenteuerlichen Leben kommen konnte. Die vier wachsen zusammen und es kommt auch das Umfeld von Gabriel nicht zu kurz. Sehr geschickt lässt Punti alle vier Söhne, die Gabriel im Kleinkinderalter ohne Abschied verlassen hatte und die erst nach seinem endgültigen Verschwinden als erwachsene Männer voneinander erfahren, nach und nach zu Wort kommen. Sie treffen sich in ihren Heimatstädten und beschließen, den Vater zu suchen. Aus Hunderten von Geschichten, die sie sich und dem Leser erzählen, entsteht nach und nach das schillernde Bild eines Mannes, der ein passiver Don Juan war“ und in Liebesdingen schlicht und einfach nicht Nein sagen konnte“. Ein wunderbares Buch über das Leben und den Tod aber auch über Gemeinschaft und Einsamkeit.
über den Autor:
Jordi Puntí, geboren 1967 in Manlleu, Barcelona, veröffentlichte 1998 seinen ersten Erzählband. 2007 erschien bei KiWi »Erhöhte Temperatur«. Er schreibt für „El País“ und übersetzt unter anderem Daniel Pennac, Amélie Nothomb und Paul Auster ins Katalanische. Puntí ist eine der interessantesten Stimmen der katalanischen Literatur und erhielt für diesen Roman zahlreiche Preise. Er lebt mit seiner Frau, der Autorin Stefanie Kremser, in Barcelona. Michael Ebmeyer, geboren 1973, wuchs in Bielefeld auf, studierte in Tübingen und Barcelona und lebt heute in Berlin. Er ist Texter und Musiker in der Gruppe Fön. Außerdem schreibt er für NEON und arbeitet als Übersetzer und Textredakteur.
Rezensionen:
Vier Frauen, vier Söhne in vier Ländern – wöchentlich hielt er telefonischen Kontakt, verwechselte nie den Tag, nie einen Namen, nie den Ort, an dem er aufwachte. Das allein ist schon eine reife Leistung. Nie blieb er länger als 2-3 Tage, um dann wieder aus dem Laster zum Abschied zu winken. Mit keiner der Frauen war er verheiratet. Keine wußte von den anderen. Er war ein passiver Don Juan. Nichts war geplant, es passierte ihm halt. Selbst ein überraschender Besuch, brachte ihn nicht aus dem Gleichgewicht, verursachte keine Unsicherheiten. Ein liebevoller Gauner, ein Schlitzohr, ein Lebenskünstler – so empfindet man ihn, schließt ihn ins Herz. Und gäbe es nicht das Unglück, würde vielleicht noch eine weitere Familie in einem anderen Land existieren. Alles war geregelt bis er verschwand. Jahre später wird nun der katalanische Sohn von der Polizei ausfindig gemacht und der Stein kommt ins rollen. Die vier Halbbrüder lernen sich kennen, treffen sich alle fünf Wochen, und beschließen das Leben des Vaters akribisch genau nach zu verfolgen. Sie entdecken Gemeinsamkeiten, alte Kinderlieder und anhand von Zeitzeugen das unbekannte Leben des Vaters. Jordi Punti lässt jeden Sohn zu Wort kommen. Das erzeugt eine gewisse Länge, die man aber mit Fortschreiten der Geschichte schnell wieder vergisst, denn es passiert noch eine Menge. Teils recht abenteuerlich, aber es fügt sich in das bisher bekannte gut ein.
Jordi Punti ist eine quirlig, witzige, liebevoll, charmante Geschichte gelungen, die aber auch einige traurige, nachdenkliche Stellen beinhaltet. Besonders die Story warum alle Söhne den gleichen Namen tragen, fand ich berührend, und überhaupt wird hier viel Einfaltsreichtum verarbeitet.
Fazit: Ein wunderbar erzähltes Buch von einem Autoren, den ich im Auge behalten werde.
geschrieben von: Wirbelwind
und
Wer bei dem Titel „Die irren Fahrten …..“ ein Buch erwartet was rasch an Fahrt aufnimmt, wird sicherlich sehr enttäuscht sein, wenn es letztendlich nicht so ist, denn dieses Buch braucht Zeit, viel Zeit. Es liest sich nicht nur nebenbei und vielleicht ist es das was mir nicht gefallen hat? Vielleicht aber auch die Tatsache das der Autor meiner Meinung nach viel zu lange um Schauplätze und Gegebenheiten zu erzählen? Es ist nicht langweilig, aber irgendwie konnte es mich nicht berühren. Schade, denn meine Erwartungshaltung war wirklich hoch. Ich wollte einen Mann kennen lernen der es bedingt durch seinen Beruf geschafft hat vier Söhne zu zeugen. Diese Männer lernen sich kennen und machen sich auf die Suche nach ihrem Vater. Klingt gut und wäre es auch letztendlich gewesen, wenn nicht immer so viel drum rum passiert wäre und der Autor schneller zur Sache gekommen wäre.
Ich mag es eigentlich sehr, wenn Schauplätze wie Barcelona, London, Paris oder auch Frankfurt so beschrieben werden, das ich fast das Gefühl habe selbst dort zu sein, aber hier ist es mir fast schon zuviel des Guten. Ich empfand das Buch eher als lieblos und ohne Emotionen. Selbst die vier Chrsitophs, denn so heißen die vier Halbbrüder aus vier verschiedenen Ländern: Christòfol, Christopher, Christof und Christophe. Ganz am Schluss erfahren wir dann auch, weshalb Gabriel so viel wert auf eben diesen Namen gelegt hat und wieso er eher Beziehungsunfähig ist. Er verlässt seine Frauen, die Mütter seiner Kinder recht schnell und alle wachsen ohne Vater auf. Nun ja, so etwas passiert täglich und ist jetzt keine Sensation. Wenn man aber fast zeitgleich vier Frauen hat, frage ich mich, wieso es nicht auffällt und erst 30 oder sogar 40 Jahre später ans Licht kommt? Durch die Erzählungen der Halbgeschwister untereinander lernen wir Gabriel eher oberflächlich kennen und auch seinen Freund Bundo, mit dem er zusammen im Kinderheim war. Gabriel ist nämlich ein Findelkind, aber ist dies Grund und Ursache für sein Verhalten?
Mich konnte der Roman leider nicht ganz überzeugen, da mir letztendlich ein klein wenig Spannung gefehlt hat und ich das Gefühl hatte, es plätschert nur so gemütlich vor sich hin. Manchmal brauche ich es aber eher irre und rasant, da es eher meinem Naturell entspricht, als das leise und sanfte Buch, wo man zwischen den Zeilen lesen muss. Vielleicht hätte der Originaltitel „Verlorene Koffer“ im Deutschen doch beibehalten werden sollen, denn er hätte eindeutig besser gepasst, denn Gabriel ist definitiv verloren durch seine Erfahrungen die dieses Buch birgt, aber auch seine Söhne sind wie abgestellte Koffer, die dann letztendlich vergessen wurden.
Bedingte Leseempfehlung von mir für „Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz“
geschrieben von: Mel.E
eine letzte Rezension:
Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Der Möbelfahrer Gabriel hat 4 Söhne mit verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Ländern: Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Als er vermisst gemeldet wird, erfahren diese 4 Söhne – alle mit dem Namen Christof in der jeweiligen Landessprache – voneinander und treffen sich in regelmäßigen Abständen, um sich auf die Suche nach der gemeinsamen Vergangenheit zu machen. Seine Söhne haben ihn lange Jahre nicht mehr gesehen und keiner von ihnen weiß, wie es dazu gekommen ist. Auch ihre Mütter haben keinerlei Wissen von dem, was passierte, nachdem Gabriel sie zum letzten Mal besuchte. In ausgesprochen bild- und lebhafter Weise schildert Puntis Buch nun aus Sicht aller 4 Söhne die Geschehnisse um den Waisenknaben Gabriel, der einst als Baby auf einem Markt ausgesetzt wurde und im Waisenhaus aufwuchs. Diese Schilderungen sind durchaus nicht ohne Emotionen, jedoch trotzdem aus der Distanz vieler Jahre betrachtet. Jeder trägt bei, was ihm von seiner Mutter erzählt wurde. Dann folgen noch gemeinsame Nachforschungen bei Kollegen und Bekannten aus den Jahren seines Untertauchens. Diese Schilderungen sind recht umfangreich und wiederholen sich stellenweise auch, weshalb es gerade im ersten Drittel des Buches schon Durchhaltevermögen erfordert. Allein die angenehme und schöne Schreibweise ließ es mir trotzdem nicht zu schwer werden. Immer mehr klärt sich das Bild. Nirgends hat man das Gefühl, dass einer seiner Söhne mit Bitterkeit oder Hass die Geschichte schildert oder verfolgt. Sicher haben alle ihre Kollateralschäden davon getragen, denn sie sind im Grunde alleine von ihrer Mutter großgezogen worden, und zwar ohne jemals einen Grund hierfür zu erfahren. Ihre Mütter wussten ja selbst nicht, was der Grund für sein plötzliches Fernbleiben war. Die Christofs scheinen fast eine Art Spiel zu spielen. Wie eine Schnitzeljagd durch die Zeit ihrer Kindheit. Zuguterletzt wird vieles klar und ihre standhafte Suche wird belohnt.
Ein sehr schönes, ungewöhnliches und bewegendes Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe – auch wenn es etwas länger gedauert hat.
geschrieben von: Gernleserin